Startseite | Kontakt aufnehmen | Mitglied werden | Sitemap | Impressum

Euregio-Regatta 2009 (1)

Seit Jahren kommen Tempo-Scow-Segler zu den Maas en Roer Vereinsregatten.

Die sehr nette Gruppe campt dann neben der Winterlagerhalle. Sie ist der verbliebene "harte Kern" von ehemals vielen Tempo-Seglern in den Niederlanden, Deutschland und Südafrika, dem Herkunftsland der Bootsklasse.
Durch freundliches "Bearbeiten" und Anlernen für Regatten von Freunden, Lebensgefährten, angehenden Schwiegertöchtern und Ehefrauen kommen aber immer wieder genug Boote für einen eigenen Start zusammen.

Während das Rigg der Tempo dem der 470er ähnelt, hat der Rumpf eine völlig andere Form, die typisch für Scows ist. Der Bug ist stumpf und der Boden hat eine durchlaufende flache V-Form. Durch den abgerundeten Übergang zwischen Boden und Deck erinnert der Rumpf auch ein wenig an ein Stück Seife. Beeindruckend ist, dass schon damals (1963) ein Mindestgewicht für Rumpf und Beschläge von nur 80 kg festgesetzt wurde. Dieses erreichen sowohl GFK- als auch Holzboote. Vergleichbare aktuelle Konstruktionen wie der RS500 wiegen ähnlich viel, andere Jollen aus der damaligen Zeit sind deutlich schwerer. Wie beim 470er wird ein symmetrischer Spinnaker gesetzt, der Steuermann reitet aus und der Vorschoter steht im Trapez. Weitere Informationen über die Klasse sind unter www.tempo-scow.de zu finden.

Während der Pfingstregatta berichteten uns die Tempo-Segler von ihrem Plan, für die Euregio noch mehr Boote als sonst an die Startlinie zu bringen. Als sie dann hörten, dass wir an der Euregio aufgrund der sowieso schon etwas chaotischen Natur dieser Regatta zumindest nicht mit unserem RS800 teilnehmen wollten, bekamen wir spontan eine Tempo für die Regatta angeboten. Wir sagten zu. Da uns dann aber bewusst wurde, dass sich so eine Tempo wahrscheinlich doch ganz anders segelt als unser Boot, ließen wir uns auf zwei Boote verteilen. Carolin segelte auf dem jüngsten Boot (GFK) mit zwei unterschiedlichen Vorschotern als Steuerfrau, Sebastian als Vorschoter auf einem stilvollen Holzboot.

Die Regatta verlief für uns komplett anders als gewohnt. Auf unserem RS800 versuchen wir, wenig Manöver zu machen, anderen Booten tendenziell eher aus dem Weg zu gehen und stattdessen lange Schläge mit hoher Geschwindigkeit zu realisieren. Wir sind meistens das einzige Boot der Art, und selbst wenn wir mal mit deutlichem Abstand vor allen anderen der Yardstickgruppe durchs Ziel gehen, finden wir uns nach Anwendung unseres niedrigen Yardstickwertes in den Ergebnissen "ganz hinten" wieder. Nun hatten wir einen eigenen Start mit 8 Booten. In den 5 Minuten davor liegt das Feld im Wettstreit um die günstigste Ausgangsposition dicht beieinander. An der Kreuz wird mit vielen schnellen Wenden und engen Wendewinkeln um jeden Meter Vorsprung gegenüber den anderen Tempos gekämpft. Dabei kommen sich die Boote so nahe, dass man der anderen Besatzung die Hand geben könnte. An der Luvtonne wird dann der Spinacker aus einem Sack oder einer Trompete so gesetzt, dass er den direkten Weg zur nächsten Tonne ermöglicht. Dies war sehr ungewohnt für uns, da der unser Genacker nur raumschots in einem engen Winkel benutzt werden kann und wir deshalb z.B. vor dem Wind "kreuzen" müssen. Diese Unterschiede sorgen zusammen mit der jahrelangen Erfahrung einiger Tempo-Segler so manches Mal dafür, dass sie letztendlich schneller um den Kurs kommen als wir auf unserem RS800. Während das Fehlen eines Trapezes für den Steuermann und die hohe Stabilität der Rümpfe das Segeln vereinfacht, bietet der Spinnaker verglichen mit unserem Gennaker eine zusätzliche Dimension beim Segeln und es gab einiges zu lernen. Außerdem werden Scows zu Veringerung des Wasserwiderstandes bewusst mit einer deutlichen Leekrängung gesegelt. "Setz Dich weiter nach Lee" war dementsprechend am Sonntag eine der häufigsten Ansagen.
Samstag war für eine kurze Zeit so starker Wind, dass auch Sebastian im Trapez stehen konnte, und sogar auf unserem Baggersee Wellen entstanden. Bei den Tempos brechen die Wellen am stumpfen Bug und gelangen relativ schnell ins Cockpit. Ein dank Doppelboden selbstlenzendes Cockpit gewöhnt standen wir plötzlich vor der Aufgabe, das Wasser mit Lenzern und Schwämmen wieder hinauszubefördern. Carolins Vorschoter und Sebastians Steuermann gaben sich größte Mühe, trotz unseres Mangels an Erfahrung mit uns gute Ergebnisse zu erreichen. Carolin hat sich achtbar geschlagen (5. Platz), Sebastian und Steuermann wurden leider Letzte.

Es hat Spaß gemacht, in einem Feld mit einheitlichen Booten zu segeln, unseren seglerischen Horizont wieder ein Stück zu erweitern und dazuzulernen. Deshalb möchten wir uns auch diesem Wege herzlich bei den Tempo-Scow-Segler bedanken!

Carolin und Sebastian Lienkamp