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Die Geschichte der Tempo-Scow

Inhalt:

Historische Dokumente:

The Cape Times Week-end Magazine, 22.04.1967:
Jack Köper - Cape Town's man of sail, pdf [410 KB]

Boat Builder, ca. 1975:
meet the designers: Jack Köper, pdf [623 KB]

South African Yachting, März 1977:
a tribute to Jack Köper, pdf [551 KB]

The Argus, 10.02.1983:
Set sail on Sonnet, pdf [280 KB]

Die Scow – eine unorthodoxe Konstruktion

Die Scow ist eine Konstruktions-Form für Jollen, die sich durch extreme Breite bei gleichzeitig geringer Freibordhöhe auszeichnet. Neben dem tiefen Sitzbord fällt auf Anhieb die breite Bugform auf, die das deutlichste Merkmal der Scows darstellt und sich absolut von dem spitzen Steven der anderen Jollen unterscheidet. Beim Segeln ist darauf zu achten, dass die Scow mit 20° bis 30° Krängung am schnellsten segelt (durch starke Reduzierung der benetzten Oberfläche und besseres Schneiden der Wellen), während herkömmliche Jollen möglichst gerade getrimmt werden sollen.

Die auffällige Scow-Form macht auf uns den Eindruck einer neuen, schnellen Konstruktionsform, womöglich das Ergebnis aufwendiger Strömungssimulationen im Computer, doch zu unserer Überraschung fundiert die Entwicklung im Mutterland der Scows, dem Mittleren Westen der USA, auf Erkenntnissen des 19. Jahrhunderts. Denn schon um 1800 konnte man in den Küstengewässern Nordamerikas zahlreiche Scow-Schoner zu Gesicht bekommen, die sich durch ihren geringen Tiefgang auszeichneten.

Im Gebiet um die großen Seen in USA und Kanada wurden schon um 1890 große Scow-Jollen (6 bis 7 m Länge) gebaut, weil man in Regatten herausgefunden hatte, dass sie schneller waren als die herkömmlichen Boote. Am 24. August 1897 trafen sich im Clubhaus des White Bear Yacht Club 10 Segelclubs der Region und gründeten die Inland Lakes Yachting Association (ILYA). Obwohl es anfangs noch keine Einheits-Klassen gab, sondern Klassen nach einer Vermessungs-Formel zusammengestellt wurden und somit auch anderen Typen offen standen, setzten sich ausschließlich die Scows bei den ILYA-Clubs durch. Heute gehören der ILYA 47 Clubs an, die bis auf wenige Ausnahmen in den Staaten Wisconsin, Minnesota, Michigan und Illinois zu Hause sind.

Die Scow-Klassen der Inland Lakes Yachting Ass.:

Riss Daten Bild
Class A Scow
Länge: 11,69 m (38 ft)
Crew: 6+
Class E Scow
Länge: 8,53 m (28 ft)
Crew: 3+
Class C Scow
Länge: 6,10 m (20 ft)
Crew: 2+
Class I-20 Scow (Inland-20)
Länge: 6,10 m (20 ft)
Crew: 2+
Melges 17
Länge: 5,07 m (16 ft 7.75 in)
Crew: 2
Class M Scow
Länge: 4,88 m (16 ft)
Crew: 2
Class MC Scow
Länge: 4,88 m (16 ft)
Crew: 1+

Die weltweit am weitesten verbreitete Scow ist hingegen der Fireball. Das Boot wurde 1962 von dem Engländer Peter Milne als Selbstbau-Konstruktion entworfen. Der Fireball hat eine Größe, die der Tempo sehr nahe kommt, erreichte jedoch durch seine weltweite Verbreitung 1970 den Status einer internationalen Klasse der IYRU (heute: ISAF) und war damals kurz davor, olympische Klasse zu werden.

Jack Köper – der Konstrukteur

Nur wenige Menschen beginnen eine neue Karriere im Alter von 55 Jahren. Doch Jack Köper, erfolgreicher südafrikanischer Regattasegler, Konstrukteur, Hobby-Bootsbauer und Hobby-Segelmacher, gab 1966 seinen Beruf in der Druckindustrie auf um sich als Segelmacher ganz seinem bisherigen Hobby zu widmen. Dass er auch hier überaus erfolgreich war, beweisen seine Segel, die von besten Seglern nicht nur in Afrika, sondern auch in Kanada und den Vereinigten Staaten gesegelt wurden, vom kleinen Dinghy bis zu großen, hochseegängigen Yachten.

Wie so vieles hat Jack Köper sich auch das Segelmachen selbst angeeignet – "durch Bücher und durch Ausprobieren" – aber bevor er sich als professioneller Segelmacher niederließ machte er eine kurze Reise nach England, Holland, Schweiz und Italien um die neuesten Techniken zu studieren. "Es ist viel über die Wissenschaft des Segelschnitts und der Windkräfte usw. geschrieben worden – aber Segelmachen ist immer noch eine kreative Kunst."

Jack Köpers erste Segelerfahrungen machte er mit neun Jahren, auf der Spaarne in Haarlem (NL), seiner Geburtsstadt. „Mein Vater nahm mich mit raus auf seinem 12-Fuß-Dinghy, und ich hatte fürchterliche Angst. Wasser spritzte ins Boot und ich dachte, wir müssten kentern. Danach habe ich jahrelang kein Segelboot mehr betreten." Trotzdem trat er etwa zehn Jahre später einem Ruderclub bei, musste diesen Sport aber aus gesundheitlichen Gründen später wieder aufgeben.
„So begann ich im Alter von 22 Jahren erneut mit dem Segeln. Ich leihte mir eine 12-qm-Sharpie und gewann die erste Regatta, die ich jemals mitgesegelt bin. Das war sehr ermutigend. Ich hatte nicht die geringste Ahnung von den Regeln." Die schwierige wirtschaftliche Lage im Europa der 30er Jahre brachte Jack Köper dazu, 1936 nach Südafrika auszuwandern. Schon bald konnte er seine Braut Margaret nach Cape Town nachholen und heiraten. Bei Kriegsausbruch kehrte er nach Europa zurück und diente der Niederländischen Exilregierung in London.

1947 fand das Sprog-Dinghy auch auf Südafrikas Seen (Vleis) immer mehr Verbreitung und er wurde von einem Freund gebeten, eine Sprog auf dem Zeekoevlei zu segeln. "Wir segelten recht erfolgreich," erinnert er sich bescheiden. In der Tat hatte er jedoch 1950 die Nationale Meisterschaft in Knysna gewonnen.

Kurz danach wurde Köper, mit seinem instinktiven Gefühl für das Beste im Segeln, durch ein neues Design von Conrad Gülcher und Uys van Essen angesprochen, das in einem holländischen Yacht-Magazin veröffentlicht wurde. Mit anderen erkannte er sofort, dass der Flying Dutchman eine der beliebtesten Einrumpf-Jollen der Welt werden und damit internationale Klasse werden würde. Mit der Unterstützung einer anderen bekannten Segel-Persönlichkeit, Dr. Ken Warr, konnte er erreichen, dass die erste Bestellung an FD-Rümpfen überhaupt nach Südafrika ging. Die Rümpfe waren noch im Rohzustand und mussten noch ausgebaut und ausgerüstet werden, bevor sie an die besten südafrikanischen Segler weitergegeben wurden. Ein Rumpf jedoch war als Muster schon voll ausgerüstet. Es gibt eine Legende, dass dieser Rumpf der Prototyp des Flying Dutchman war, weil die Bestellung aus Südafrika die größte war und kein anderer kompletter Rumpf zur Verfügung stand. Dieser segel-historisch bedeutungsvolle Rumpf steht immer noch im Hermanus Yacht Club.

Dabchick
Länge: 3,66 m (12 ft)
Crew: 1

Seine Familie, zwei Söhne und zwei Töchter, zeigten großes Interesse am Segel-Hobby des Vaters. So wollte sein zweitältester Sohn Gerhard, als er 14 Jahre alt war, sein eigenes Boot haben. "Also entschied ich mich, selbst ein Boot für ihn zu entwerfen. Es sollte sicher sein, leicht für einen jungen Segler zu handhaben, einfach und preiswert zu bauen und schnell genug um ins Gleiten zu kommen und Spaß zu haben. Das Ergebnis war die Dabchick, die ich in sechs Monaten konstruierte. Der Rumpf, im Unterwasserteil ein V-Typ, war vollkommen geschlossen, so dass beim Kentern kein Wasser ins Boot gelangen konnte. Die Größe des Bootes war abhängig von dem Material, das mir zur Verfügung stand. Die größten verfügbaren Sperrholzplatten hatten das Maß 8 ft x 4 ft (2,44 m x 1,22 m). So kann man mit drei Platten ein Boot von 12 ft x 4 ft (3,66 m x 1,22 m) umhüllen. Das sind genau die Abmessungen der Dabchick." Zehn Jahre später gab es schon 2100 Dabchicks in Südafrika, England, USA, Kanada, Australien, Neuseeland und anderen afrikanischen Staaten. Die Dabchick ist auch heute noch eine große nationale Klasse in Südafrika.

Tempo
Länge: 4,73 m (19ft 6in)
Crew: 2

1963 folgte dann die Tempo. Er sagte: "Ich dachte, es bestehe Bedarf für ein drittes Boot zwischen Sprog und Flying Dutchman. Die Grundkonstruktion sollte wie bei der Dabchick sein, aber viel ausgeklügelter. Es sollte ein Boot mit genügend Komfort für Erwachsene sein, aber für Geschwindigkeit gebaut. Um öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen sollte es schnell aussehen und gleichzeitig vollkommen anders sein als andere Klassen. Ich hatte geplant, vier Platten Sperrholz der Größe 8 ft x 4 ft zu benutzen und die maximale Länge auf knapp unter 16 ft zu begrenzen. Zur Stabilität sollte es eine Breite von 5 ft erhalten und das bedeutet ein sorgfältiges Aussägen des Sperrholzes. Das Boot sollte vorn und achtern schmaler als 4 ft sein und die abgesägten Teile sollten für den breiteren Mittelteil benutzt werden." Die Planungen für die Tempo dauerten zwei Jahre. Nachdem er sie gebaut hatte, brachte er sie heimlich bei Hermanus ins Wasser und testete sie sechs Monate lang bevor er offiziell irgend jemanden darüber informierte. „Danach segelte ich sie einhand in einer Offenen-Klasse-Regatta und war schnell weit vor allen anderen. Nach diesen Tests hielt ich es für notwendig, sie ein wenig stabiler zu machen. Ich fügte auch noch Auftriebstanks an den Seiten hinzu – vorn und achtern hatte sie bereits Auftriebstanks." Nachdem überall in der Welt in Segel-Magazinen darüber berichtet wurde, verbreitete sich die Tempo in Südafrika, den Niederlanden, Deutschland, England, Italien und den Vereinigten Staaten.

Sonnet
Länge: 4,37 m (14ft 4in)
Crew: 1+

Kein Wunder, dass 1970 noch ein drittes Boot aus der Hand von Jack Köper folgte. Diesmal bot die Konstruktion eine kleinere Scow, trockener als die Dabchick, mit der Möglichkeit, sie einhand oder zu zweit zu segeln – aber noch wichtiger und neu in Südafrika und daher anfangs sehr umstritten – die Sonnet war eine Einheitsklasse. Durch einen extra langen Schwertkasten ist es möglich, die Sonnet mit und ohne (einhand) Vorsegel zu segeln und den Lateralschwerpunkt durch Verstellen des Schwertes nach vorn oder achtern auf den geänderten Segelschwerpunkt einzustellen. Die Sonnet ist auch heute noch eine sehr erfolgreiche Klasse in Südafrika.

Die goldenen Zeiten der Tempo

Bis Ende der 60er Jahre entstanden nun in den Niederlanden und in Deutschland Hunderte von neuen Tempos. Während in Holland ausschließlich in Holz gebaut wurde, entstanden die deutschen Boote alle in Polyester (GFK) aus der Form von Karl-Ernst Bender in Essen. In zwei großen Bauserien entstand beim Segelklub Scheppen (SKS) und beim Feuerwehr-Segelclub eine große Tempo-Flotte am Baldeneysee. Einige dieser selbst gebauten Boote gelangten auch zu Tempo-Begeisterten am Edersee in Nordhessen; und einer dieser Tempo-Segler war Rudolf Büchsenschütz aus Kassel. Er wendete sich mit der Idee einer Serienproduktion der Tempo und anderer Boote an die WEGU-Gummiwerke. Und WEGU errichtete darauf hin tatsächlich in der Nähe von Kassel eine kleine Werft. So wurde die Tempo-Scow Ende der 60er Jahre das Aushängeschild des WEGU-Bootsbaus. Rudolf Büchsenschütz wurde als kaufmännischer Leiter (Mädchen für Alles) eingestellt. Die Tempo-Flotte am Edersee wuchs damals auf über 20 Boote und war damit die größte Klasse auf diesem Revier. Diese Segler waren zu der Zeit ähnlich aktiv wie ihre Kameraden vom Baldeneysee. WEGU baute und verkaufte in der Folgezeit Hunderte von GFK-Tempos. Leider gab es keine Zusammenarbeit mit der Klassenvereinigung, so dass die Käufer keine Kenntnis von Regatten und Klassenvereinigung erhielten. Mitte der 80er Jahre stellte WEGU dann leider den Bootsbau wieder ein.

In den 60er und 70er Jahren kamen in Holland und Deutschland große Flotten zu Regatten zusammen. Die Regattareviere verteilten sich über den ganzen holländisch-westdeutschen Raum: Sneeker Meer, Alkmaarder Meer, Mooie Nel/Spaarne (Haarlem), Westeinder Plassen, Vinkeveense Plassen, Spiegelplassen (Nederhorst den Berg), Kager Plassen, Brassemermeer, Wolderwijd (Harderwijk), Beulaker Wijde, Maas en Roer (Roermond), Dümmer, Baldeneysee (Essen), Kemnader See (Bochum) und Bevertalsperre (Hückeswagen). Die Startfelder in Holland waren so groß, dass erst in den 80er Jahren die Holländischen Meisterschaften auch für Deutsche geöffnet wurden.

Chris Köper

Chris Köper, der jüngere der beiden Köper-Söhne (später in Kanada zu Hause), setzte die Familientradition fort und verdiente als Konstrukteur und Bootsbauer sein Geld (Sea K Designs). Seine Spezialität waren kleine Scow-Typen, die Chickadee (eine Weiterentwicklung der Dabchick) und die Sonatina (eine Weiterentwicklung der Sonnet), die beide für den Selbstbau geeignet sind.

Chris Köper ist gestorben
(geboren 1943 in Kapstadt, Südafrika)

Am 8. November 2006 verstarb Chris Köper, der Meistersegler, Jachtdesigner und Profi-Fotograf in Ontario, Kanada. Die letzten zwei Jahre hatte Chris an ALS gelitten (eine Form der Motorneuronenkrankheit), die Mitte 2005 rasch fortgeschritten war. In seinen letzten Monaten war Chris kaum in der Lage zu sprechen, konnte aber regelmäßig Kontakt mit seinen Mitmenschen halten und mittels spezieller computerbasierter Hilfen, die es möglich machten, Nachrichten einzutippen und sogar ein computerbasiertes Sprachsystem zu benutzen, das er durch Bewegen seines Kopfs und die Verwendung eines speziellen Klickers zwischen seinen Knien kontrollierte. Chris plante seine letzten 1½ Jahre peinlich genau und lebte es bis zum Äußersten. Er trat seiner Krankheit erhobenen Kopfes entgegen und scheute nie davor zurück, darüber zu reden oder zu schreiben wie es ihm sowohl physisch als auch psychisch ging. Seine Schriften über seine eigenen Erfahrungen "über das Leben mit ALS" und die Aufforderung an die Leute, mit denen er zusammenzulebte, darüber zu schreiben wie sie ihn mit ALS erlebten, führten zu vielen inspirierenden Momenten und geschriebenen Aufzeichnungen.

Chickadee
Länge: 3,65 m (12ft)
Crew: 1
Sonatina
Länge: 4,40 m (14ft 6in)
Crew: 2

Die Tempo kommt nach Europa

Aus der niederländischen Segel-Zeitschrift „De Waterkampioen" vom 19. August 1964:
...Da uns der südafrikanische Segelboot-Konstrukteur Jack Köper über eine von ihm konstruierte kleine Scow berichtet hat, scheint es für unsere Leser interessant zu sein, Zeichnungen und ein Foto dieser Tempo zu publizieren. Sagen Sie jetzt bitte nicht: „Wir haben schon genug Regattaklassen in unserem Land." Abgesehen von der Fragestellung, über die man sicher reichlich diskutieren kann, ist es ja nicht unbedingt die Absicht so einer Veröffentlichung in einer Zeitschrift, eine neue Klasse einzuführen. Es scheint mir wichtig für unsere Segler zu sein, darüber informiert zu werden was andere auf diesem Gebiet leisten und wenn es da einzelne gibt, die so ein Boot für sich selbst bauen wollen, geht dadurch wirklich kein Mann über Bord. Wollen wir doch im Gegenteil hier einmal zu konservativ denken wenn wir annehmen, dass viele Segler glauben, dass die Bestenliste ihrer Bootsklasse das allein selig machende sei.
Wie dem auch sei, die Tempo ist ein Boot, das unserer Meinung nach eine nähere Betrachtung wert ist. Dazu kommt, dass in Berichten, die uns über diese Scow erreichten, unter anderem in dem Magazin „South African Yachting", belegt wird, dass die Tempo nicht nur bei einer steifen Brise gut läuft, sondern auch in leichtem Wetter gehörig schnell ist.
Der Boden hat eine ausgeprägte V-Form über die gesamte Länge. Das Geheimnis des Segelns mit solch einem Boot ist es, dass es nicht aufrecht gesegelt werden darf, wie es bei den meisten anderen Jollen üblich ist, sondern mit einer deutlichen Krängung, wobei durch das aus dem Wasser kommen der Luvseite die benetzte Oberfläche verringert wird bei gleichzeitiger Verlängerung der Wasserlinie.
Dabei ist das Gesamtgewicht des segelfertigen Bootes ungefähr 100 kg, leicht genug um ein leichtes Gleiten sicherzustellen.
Die Tempo ist ein außerordentlich preiswertes Boot, das für den Selbstbau geeignet ist und mit dem ein sportlicher Segler viel Spaß haben kann.

Ir. Loeff.

Nun ging alles Schlag auf Schlag: Dieser Artikel war für viele Niederländer Anlass, bei Herrn Köper die Zeichnungen zum Selbstbau zu bestellen. Am 30. Oktober 1964 gründet in Haarlem eine Gruppe Tempo-Begeisterter einen Verein, den Tempo-Club Holland, um unter der Leitung von Freek Visser zusammen Tempos zu bauen. Die Namen: J. Kol, F. Steekelenberg, B. und W. Steenkist, F. Visser und T. van Wijkhuizen. Am 8. November ist die Gruppe in den Besitz der Zeichnungen gekommen. Zusammen mit dem Vorsitzenden der Klassenvereinigung, Herrn H. W. Sebregts, wurden die Zeichnungen einer ersten Prüfung unterworfen. Es ergaben sich u. a. einige Fragen bzgl. der Minimum- und Maximum-Maße, die an Herrn Köper übermittelt wurden. Am 18. November hat die Gruppe herausbekommen, dass Herr J. D. Schooneveldt aus Aalsmeer (ein sehr bekannter FD-Bootsbauer) gerade eine Tempo baut. Dieses Boot hoffen sie bei ihrem nächsten Treffen allen interessierten Tempo-Bauern vorstellen zu können. Am 7. Dezember schließlich ist die erste Tempo fertiggestellt. Herr J. D. Schooneveldt aus Aalsmeer hat ein prächtiges Boot gebaut und für alle tut sich dadurch ein neuer Schatz an Erfahrungen auf. Angesichts der Tatsache, dass in den Bauzeichnungen und Bauanweisungen noch einiges unklar war, musste auf das erste fertige Boot gewartet werden. In Zusammenarbeit mit den Betroffenen und den Überlegungen des Bootsbauers wurde von Herrn Vleugel aus Amsterdam – auch ein Tempo-Begeisterter – eine neue Zeichnung angefertigt. Diese Zeichnung sollte von nun an in Holland maßgeblich für alle zu bauenden Tempos sein, um sicher zu stellen dass alle Boote gleich sind. Der Unterschied zwischen Köpers Zeichnung und Vleugels Zeichnung steht für zwei unterschiedliche Klassenkonzepte: Köpers Entwurf war als Konstruktionsklasse gedacht, die viele Maße dem Bootsbauer offen ließen – Vleugels Zeichnung hingegen war die einer Einheitsklasse mit wesentlich weniger Freiheiten für Rumpfgestaltung und Ausrüstung. Während es in Südafrika damals viele Konstruktionsklassen gab, hatten in Europa nur Einheitsklassen eine Chance, anerkannt zu werden. Dies war vielleicht auch ein Handicap, warum die Tempo kaum weitere Verbreitung fand. Dass auch Köper letztlich dieses Prinzip verstanden hatte, zeigte sein letztes Design, die Sonnet, die er gegen Widerstände in Südafrika von vornherein als Einheitsklasse konstruierte und die als solche auch gute Verbreitung fand.
Am 19. Dezember 1964 war in Haarlem der große Tempo-Tag. In Anwesenheit von Herrn und Frau Köper und den Herren Kazemir und Kuiper vom KNWV stellten die „Männer der ersten Stunde" voller Stolz die erste in Europa gebaute Tempo vor. Im Januar 1965 wurden in Anwesenheit von Köper die Klassenvorschriften zusammengestellt.
Im Februar 1965 beginnen in Essen erste deutsche Tempo-Freunde mit dem Bau von Polyester-Rümpfen. Dazu wird zuerst ein Rohling aus Holz nach den Konstruktions-Zeichnungen gefertigt um davon eine Negativ-Form in GFK zu fertigen. Aus dieser Form können dann viele Rümpfe in GFK gefertigt werden. Den Weg zu dieser Technik fanden die Essener vom Segel-Klub Scheppen durch ihr Mitglied Karl-Ernst Bender, der in Essen-Steele einen Kunststoff verarbeitenden Betrieb hatte.
Am 14. und 15. August 1965 fand in Haarlem auf Mooie Nel und Spaarne die erste Regatta mit 6 Booten des JVW statt. Es folgte die Essener Segelwoche am 28. und 29. August, wo 18 Boote, 9 Deutsche und 9 Holländer an den Start gingen. Die dritte Regatta, wieder in Haarlem, zählte schon 30 Anmeldungen, darunter 7 Deutsche. Die Tempo wurde in den Niederlanden als Nationale Klasse anerkannt – in Deutschland als Eintypklasse.

Innovationen

Mitte der 70er Jahre waren die Regattasegler in Holland und Deutschland sich einig: unser Spinnaker ist für sportliches Segeln zu klein. Es wurden mehrere Spinnaker anderer Klassen ausprobiert und man einigte sich auf die Maße des 470er-Spinnakers.

Im Zusammenhang mit dem Spinnaker bauten sich auch einige in ihre Boote eine Spinnaker-Trompete ein, die sich beim Regattasegeln sehr bewährt hat.

Ebenfalls bewährt hat sich ein erhöhter Doppelboden im vorderen Cockpit-Bereich, der den Schwertkasten verstärkt und gleichzeitig die Wassermenge, die ins Cockpit gelangen kann (bei Kentern oder Unterschneiden einer Welle) so reduziert, dass das Wasser innerhalb kürzester Zeit zu lenzen ist und das Boot nicht zu viel Auftrieb verliert. Mitte der 80er Jahre gab es eine innovative Neuerung im Tempo-Bootsbau: Paul van der Sluis führte eine neue Bauweise ein: Eine Sandwich aus sehr dünnem Triplex-Sperrholz und PE-Schaum, verklebt mit Epoxidharz, Spanten aus Bootsbau-Sperrholz. Dazu baute er eine neue, in den Maßen der Klassenvorschriften optimierte Negativ-Bauform. Diese Bauform nutzten dann später deutsche Teams um darin GFK-Boote, ebenfalls in Sandwich-Bauweise, allerdings mit glasfaserverstärktem Epoxidharz zu bauen. Hier entstand eine kleine neue Flotte von sehr widerstandsfähigen, sehr steifen und gleichzeitig leichten und schnellen Booten.

Der Niedergang

Die 80er Jahre brachten mit dem Erscheinen der Windsurfer einen starken Umbruch im Jollensegeln weltweit. Der größte Teil derjenigen, die sich normalerweise für eine Jolle interessiert hätten, wählten die preiswertere und weniger verpflichtende Alternative Windsurfing. Gleichzeitig war auch immer mehr von der „Freizeitgesellschaft" die Rede, die mit vielen neuen Angeboten das Interesse am Segeln minderte. Darunter hatten und haben bis heute alle Jollenklassen zu leiden, besonders jedoch die kleinen Klassen, wozu auch die Tempo gehört. Das Ergebnis war eine Entwicklung, die zu immer kleineren Startfeldern führte, weil ausscheidende Segler nicht mehr durch Nachfolger ersetzt wurden. Mittlerweile gibt es in Holland nur noch zwei Boote, die gelegentlich auf Regatten zu sehen sind. Im Jahr 2000 hat die Tempo ihren Klassenstatus in den Niederlanden verloren. In Deutschland sind es immerhin noch so viele Boote, dass wir weiterhin Regatten segeln können, zum Teil in den Niederlanden, und wir bis jetzt unseren Klassenstatus halten konnten.

Dr. Hans Roger Kolwes